Lernen zu Hause- eine Herausforderung für alle

04. 02. 2021

Katharina Hennes
LUDWIGSLUST 

 

Gestern war ein guter Tag. Manuela Gehrings neunjähriger Sohn kam ihr nach der Arbeit am Abend schon an der Tür entgegen gelaufen. „Mama, heute habe ich alles geschafft.“ Die Mutter, noch im Mantel, freute sich mit ihm. Der Viertklässler hatte die Aufgaben auf den Arbeitsblättern in Deutsch, Mathe und Sachkunde selbstständig gelöst. „Das war in den letzten Tagen leider nicht immer so“, erzählt Manuela Gehring. Oft saß sie abends mit ihrem Sohn noch lange über den Blättern. „Es fällt meinem Sohn immer schwerer, sich noch zu motivieren.“ Seinen Mitschülern ginge es ähnlich. Manuela Gehring ist Schulelternratsvorsitzende an der Grundschule „Fritz Reuter“ in Ludwigslust und weiß aus Gesprächen mit anderen Familien, dass die Kinder sich morgens nur schwer aufraffen können.
Von den 230 Grundschülern der Fritz-Reuter-Schule lernen ca 50 Kinder „notbetreut“ in der Schule, der Rest sitzt seit Montag wieder zu Hause. Die Eltern holen die Arbeitsblätter mit den Aufgaben aus Kisten ab, die die Pädagogen jeden Morgen vor die Treppenstufen auf den Schulhof stellt oder erhalten sie auf digitalem Weg.
Die erneute Schulschließung traf ihre Kollegen nicht unvorbereitet. „Ein bisschen hatten wir es schon geahnt“, sagt sie. Jetzt komme es drauf an, die Kinder zu motivieren. Auch mit neuem Schulstoff müssen sich die Kinder auseinandersetzen, oft brauchen sie dabei die Hilfe der Eltern oder müssen beim Lehrer nachfragen. Die Sorgen der Eltern, ihre Kinder könnten durch den zweiten Lockdown zu viel verpassen und mit großen Defiziten in die nächste Klasse wechseln, kann sie verstehen. „Aber noch hinken wir im Lehrplan nicht zu weit hinterher und irgendwann sind auch alle wieder in der Schule. Dann muss natürlich getestet werden, was klappt und was nicht. Am Schuljahresanfang haben wir gute Erfahrung gemacht mit dem kompakten Unterricht in den Hauptfächern, so werden wir es auch bei Schulöffnung wieder angehen.“
Von der Stadt hat die Schule jetzt 25 iPads erhalten. „Sobald die Kinder wieder alle in der Schule sind, werden wir klassenweise den Umgang damit üben müssen. Auch wird die Schule technisch aufgerüstet, mit stabilen Internet-Leitungen in jedem Klassenzimmer und WLAN-Routern. „So schlimm die Corona-Pandemie auch ist, sie hat uns auch gezwungen, den Medienentwicklungsplan schneller umzusetzen“, sagt die Schulleiterin.
Ende nächster Woche beginnen die Ferien. Bis dahin sollten die Kinder den Tages-Rhythmus, den sie aus der Schule kennen, beibehalten. Mit Pausen und Abwechslung zwischendurch. „Die Kinder müssen ihre fehlenden Kontakte kompensieren. Gesellschaftsspiele helfen, ein gutes Buch und manchmal auch der Fernseher. In den Mediatheken gibt es gut aufbereitete zusätzliche Bildungsangebote“, so Schubring. Die Pädagogin rät, kleine Briefe an die Freunde oder an Oma und Opa zu schreiben, „damit die Handschrift nicht einschläft“.
Für die zwei Söhne von Manuela Gehring beginnt der Tag trotz Schulschließung früh mit dem Weckerklingeln. Wenn die Kinder aufstehen, ist die Mutter schon auf der Arbeit. „So kann ich früher nach Hause und die Schulaufgaben kontrollieren.“ Gehrings haben noch Glück. Der Vater arbeitet im Homeoffice, kann zur Not helfen. Und die Geschwister können in den Pausen miteinander spielen. „Einzelkindern fällt jetzt die Decke auf den Kopf. Da kullern auch schon mal Tränen.“
Ihr neunjähriger Sohn wechselt im Sommer in die 5. Klasse. Nach inzwischen zwei mehrwöchigen Schulschließungen wird er mit schlechteren Grundlagen an die weiterführende Schule kommen, befürchtet die Mutter und ist sich sicher: Corona wird Folgen in einer ganzen Bildungsgeneration hinterlassen.

 

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